der 4. Mai. Ich sitze im Salon und werde vom rattenkalten Starkwind aus Nord durchgeschaukelt. Seit Mittwochnachmittag bin ich an Bord und habe die junge Saison mit Hafentagen begonnen. Natürlich nicht faul und tatenlos, sondern mit kleineren und größeren Arbeiten am Schiff. Die größeren:
Wiebe (Vorname), ein Profi-Rigger der Firma de Groot aus Stavoren, kommt an Bord und überprüft meine Rollanlagen für die beiden Vorsegel. Seit ca. 2 Jahren habe ich den Eindruck, dass beide immer schwergängiger werden. Tatsächlich lassen sich sowohl die unteren Trommeln als auch die oberen Wirbel nur schwer drehen. Auch ohne Segel, also nur von Hand. Die oberen werden von uns intensiv mit WD40 behandelt und dadurch erheblich leichtgängiger. Die unteren Trommeln müssen wohl mal komplett auseinander genommen werden. Dazu vereinbaren wir einen neuen Termin, zu dem ich unter den Mastenkran der Firma de Groot fahren werde. Ich hoffe, dass Wiebe recht behält mit seiner Vermutung, dass ich es mit der jährlichen Pflege und Nachfettung der Rollanlagen zu gut gemeint habe. Dass da also schlicht zu viel Fett drin sitzt, das mittlerweile verharzt, verhärtet und verschmutzt ist. Wir werden sehen.

Danach kann ich endlich die Vorsegel anschlagen – für mich mittlerweile auch ein größerer Job. Erstens sind die neuen Segel sehr sperrig, und zweitens scheint die Sonne erbarmungslos auf mein schütteres Haupthaar, was mir zunehmend Probleme macht. Die Fock schaffe ich noch alleine, bei der Genua bin ich dankbar für Hilfe. Dabei passiert prompt ein dummer Fehler: ich rolle die Genau verkehrt herum auf, so dass der UV-Schutz am Achterliek nach innen statt nach außen kommt. Anfängerfehlerkorrektur am nächsten Tag. Natürlich bei ganz erheblich mehr Wind, was den Job nicht gerade einfacher macht.

Die monatelange Winterpause ist vergessen, das Leben auf Rüm Hart hat sofort wieder Normalstatus, als ob keine Unterbrechung stattgefunden habe. Alle Handgriffe sitzen, und die Bordgewohnheiten sind übergangslos wieder da. Ich lege ab und fahre einkaufen. Hab’s vermutlich schon mal geschrieben, aber dass man mit dem Schiff direkt vorm Supermarkt anlegen kann, ist für mich eine gewisse Symbolik für diese Region und ihrer geradezu paradiesischen Infrastruktur für Skipper und deren Boote.

Aber: ich bin mir gar nicht sicher, ob mein Einkauf für die kommende Woche – Freitag muss ich spätestens nach Hause – reichen wird, und dennoch bin ich 100 € los. Der nächste Hunni geht beim Tankstop auf dem Rückweg drauf, für 50 Liter HV100 Diesel. Zack, 200 € sind weg. Na ja, besser: im Kühlschrank und Tank.
Bevor die Saison endgültig startet nochmal schnell ein Blick zurück, 4 Wochen zurück, genauer gesagt. Rüm Hart hat für diese Saison zum ersten Mal ein schwarzes Unterwasserschiff bekommen. Der Hafenchef hatte noch was übrig und fragt an, ob auch schwarz ok sei. Sieht gut aus, oder? Und eine blank polierte Schraube. Beides zusammen – also natürlich nicht das Schwarz, aber das frisch gestrichene Unterwasserschiff – hat schon auf dem Überführungstörn von Woudsend nach hierher (Warns) für einen spürbaren Effekt gesorgt. Gefühlt-geschätzt ca. 0,3 bis 0,5 Knoten schneller bei gleicher Drehzahl bzw. 150 Umdrehungen weniger für die gleiche Geschwindigkeit. Es kann losgehen.
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