Spleißarbeiten – Tauwerk „melken“

Ich mag das Arbeiten mit Tauwerk und spleiße gern. Aber manchmal wird’s anstrengend. Kürzlich musste ich einen Endlosspleiß in einem Kern-/Mantelseil machen. Dafür wird, wie bei vielen anderen Spleißarbeiten auch, der Kern seitlich aus dem Mantel gepult, verarbeitet, und zum Schluss muss das Ganze wieder im äußeren Mantel verschwinden. Dazu „melkt“ man den Mantel über den Kern. Heißt: man spannt die Leine irgendwo ein und schiebt über die ganze Länge des Seils den Mantel mit den Händen Richtung noch herausschauenden Kern und wiederholt das Ganze so oft, bis entweder der Kern im Mantel verschwunden ist, oder bis man sich die Pelle von den Pfoten gerieben hat. Genauso ging es mir bei diesem vermaledeiten Endlosspleiß. Der Kern schaute immer noch heraus, weigerte sich beharrlich im Mantel zu verschwinden, aber meine Hände sahen aus wie verbrüht und die Bordvorräte an Heftpflaster waren stark dezimiert.

Aber es gibt Rettung für die zarte Seemannshand. Die Idee ist simpel: statt sich die Hände wund zu arbeiten, kann man das Melken auch mit einer zweiten Leine erledigen. Ein ca. 1 m langes Stück nacktes Dyneema-Tauwerk von vielleicht 8 oder 10 mm eignet sich dafür hervorragend (auf den Fotos das weiße). Die Enden werden miteinander verknotet, so dass eine Schlaufe, ein Ring entsteht.

Diese Schlaufe wickelt man in Form eines Webleinensteks um die lange Leine, die gemolken werden soll. Dieser Webleinenstek wird nun über die ganze Länge des Seils gezogen – schön stramm gehalten -, bis zur Stelle, an der der Kern noch herausschaut. Wenn man das von beiden Seiten ein- bis zweimal macht, ist der Kern wie von Zauberhand auf einmal nicht mehr zu sehen, weil im Mantel verschwunden.

Ergebnis: die Strippe ist wieder glatt und einsatzbereit, des Skippers Pfoten sind so zart wie zuvor und der Pflastervorrat bleibt unangetastet.