Heiliger Neptun, nicht schon wieder … mag so mancher denken. Aber nein, dieses Mal geht es nicht um das große Thema und globale Menschheitsproblem, sondern nur um ein Mikroklima – wenn man es überhaupt so nennen darf. Und zwar das im umbauten Raum von Rüm Hart. Ihr habt es euch vermutlich schon gedacht.
Vor allem und in erster Linie geht es um das „Winterklima“ im Schiff. Also um die Zeit, in der die Luftfeuchte eh steigt, draußen und natürlich auch im Boot. Bislang habe ich einen ziemlichen Installationsaufwand betrieben, um Rüm Hart in den Monaten November bis April trocken zu halten. Das kleine Foto rechts zeigt es: ein elektrischer Luftentfeuchter in einer flachen Eurobox als Überlaufwanne und mit Gurten gegen Umkippen gesichert. Dazu noch ein paar Meter Kabel und Steuerungsgeräte. Das sah einerseits ziemlich chaotisch aus, andererseits war es immer eine Schlepperei und nervige Arbeit. Seit Jahren denke ich über eine Lösung nach, die dauerhaft auf dem Boot bleiben kann und eigentlich nur noch eingeschaltet werden muss. Ok, und nun glaube ich, dass ich eine solche Lösung gefunden habe.
Das Gerät, auf das mich ein Kollege aus dem Segeln-Forum aufmerksam gemacht hat, nennt sich Ecor Pro DH800 (Link) und arbeitet nach einem etwas anderen physikalischem Prinzip, als man das sonst so von elektrischen Luftentfeuchtern kennt. Vor allem dröppelt es kein Kondenzwasser in irgendeine Auffangschale oder in einen Schlauch. Es hat vorne einen 125 mm Lufteinlass und hinten einen ebensolchen Auslass für die getrocknete Luft, plus einem 40 mm Rohrstutzen aus dem warme, sehr feuchte Luft strömt. Genauer: es saugt vorne die Raumluft ein, trocknet sie und gibt sie zu 85 % als trockene Luft wieder ab und zu 15 % als nasse. Letztere muss innerhalb von max. 60 cm Schlauchlänge nach draußen geführt werden – so die Spielregel. Nach längerem Nachdenken und Stellproben eines 1:1 Models aus Schaumplatten wurde klar: das geht nur unter dem Steuermannssitz.
Ok, den Rest der Geschichte erzähle ich vor allem in Bildern. Auf geht’s

Ich hatte ehrlich gesagt lange darüber nachgedacht, ob ich den Nassluftschlauch mit einem Seeventil sichere, weil ich jede Verengung im Luftstrom vermeiden wollte (Stichwort: Strömungswiderstand). Das Loch bzw. die Bordwanddurchführung liegt ca. 40 cm über der Wasserlinie (auf dem Foto rechts in Bildmitte unten, ungefähr in Steghöhe). Und selbstverständlich ist der Schlauch mit doppelten Schlauchschellen und einem Dichtmittel (Hylomar) gesichert. Da sollte eigentlich nix passieren. Aber ich bin dann doch auf Nummer noch sicherer gegangen und hab ein Kugel-Sperrventil eingebaut. Allerdings nicht direkt auf die Bordwanddurchführung, sondern wesentlich besser erreichbar direkt hinter die Holzwand. Seeseitig ist der kurze Schlauch auch dort mit 2 Schellen plus Dichtmittel gesichert.
Das Ecor Gerät hat an jeder Seite 2 ausklappbare Füßchen. Damit es sicher steht, habe ich hinten 2 Bügel montiert, in die diese Füße exakt reingeschoben werden können. Vorne hingegen habe ich auf M4 Rampamuffen (Einschraubgewinde) zurückgegriffen, die zur Aufnahme von Rändelschrauben dienen, die durch die Löcher in den Füßen gesteckt werden. So fixiert kann sich das Ding auch bei heftigsten Bootsbewegungen nicht vom Acker machen.
So sieht das Ganze dann in Vollausstattung aus. Für die weitere Führung der getrockneten Luft habe ich klassische 125er Luftschläuche genommen, wie es auch der Hersteller empfiehlt (leider gibt’s die nur in weiß). An der Ansaugseite links könnte man das gezeigte Umlenkstück ansetzen und sogar noch nach oben verlängern. Denn: feuchte Luft ist leichter als trockene – hättet ihr’s gewusst? Ich jedenfalls hatte es andersrum vermutet, dann aber doch mal eine Internetrecherche betrieben. Heißt: will man der feuchten Luft an den Kragen, muss man nach oben.
Der erste Eindruck ist prima, die im Prospekt versprochene Wirkung scheint nicht unrealistisch zu sein. Genaueres lässt sich natürlich erst nach der nächsten Wintesaison sagen – ich werde berichten. Aber auch außerhalb der Wintermonate erhoffe ich mir eine Verbesserung der Luftfeuchte im Schiff. In den Saisonrandzeiten, also im frühen Frühjahr und späten Herbst, sind morgens recht häufig unsere relativ großen Salonscheiben beschlagen (nass ist vielleicht treffender). Vor allem, wenn 2 Schläfer an Bord übernachten. Undenkbar, dann den alten, großen elektrische Luftentfeuchter von früher (siehe Foto ganz oben) aufzustellen. Der konnte regelmäßig nur im Winter zum Einsatz kommen, wenn das Boot außer Betrieb war. Anders bei dem neuen „Klimawürfel“. Wir werden testen. Verstaut wird das Gerät übrigens in einer ausgemusterten, leicht gepolsterten Kühltasche. Passt perfekt.
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Hallo Manfred, super gemacht! Sieht echt top aus.
Das feuchte Luft leichter als trockene Luft ist, hätte ich auch andersrum vermutet. Aber dein Artikel hat auch mich zum Nachdenken angeregt. Und was soll ich sagen – wenn ich morgens in meiner Achterkabine aufwache und das Boot ist beschlagen, dann ist das hauptsächlich an den Fenstern und… an der Decke. Der Boden ist furztrocken. 🙂
Ich wünsche viel Erfolg beim Betreiben der neuen „Klimawandel“-Anlage.
Viele Grüße Alex
Danke Alex. Ich werde über die Praxis berichten.
Gruß, Manfred
Hallo Manfred,
darf ich mal eine etwas „off-topic“ Frage – nein eigentlich passt es doch – stellen? Ich habe mir einen mobilen Entfeuchter fürs Boot gekauft. Könnte ich problemlos aufstellen und über die Bilge entwässern. ABER … bis jetzt habe ich mich nicht getraut das Ding ohne Aufsicht laufen zu lassen. Also einschalten und dann 300 km nach Hause fahren. So von wegen Strom etc. Magst Du mir vielleicht verraten wie Du das handhabst?
Danke im voraus und Handbreit, Edi
Hallo Edi
Ich kann nachvollziehen, dass das erstmal ein „mutiger“ Gedanke ist, aber ich habe das frühere Gerät im Winter immer laufen lassen. Es wurde über einen entsprechenden Steckdosenschalter hygrostatisch gesteuert, also bei Erreichen der Zielfeuchtewerte abgeschaltet. Ich hatte das damals übrigens auch meiner Versicherung mitgeteilt und von denen keinen Einspruch erhalten.
Gruß, Manfred
Ich habe ein Gerät das bei erreichen der eingestellten Luftfeuchtigkeit selbständig abschaltet. Das wäre nicht das Problem. Aber auf dem Gerät steht, dass man es nicht unbeobachtet laufen lassen soll. Keine Ahnung was die Versicherung im Zweifelsfall dazu sagt. Aber Mal zu fragen ist eine gute Idee 😉
Edi, da scheint es tatsächlich Unterschiede zu geben. Ich habe in Erinnerung, dass mein alter elektr. Trockner (übrigens ein Adsorptionstrockner) ausdrücklich für den Dauerbetrieb geeignet war/ist. Und es gab über die ganzen Jahre auch null Probleme damit
Gruß, Manfred
Moin Manfred, ich kenne die Spielregel, dass warme Luft nach oben steigt über die kalte Luft. Und je wärmer die Luft, desto mehr Feuchtigkeit kann sie halten. Das passt doch zu der von Dir genannten Regel.
Glückwunsch zu der durchdachten und hochwertig umgesetzten Lösung. Das Feuchtigkeitsthema haben wir natürlich auch Sommers und dann morgens an Bord. Nun aber die entscheidende Frage: wie intensiv nehmt ihr die Geräusche der „Zaubermaschine“ wahr? Es wäre ja sehr begrüßenswert, wenn wir an Bord aufwachen und direkt rausschauen könnten – aber wenn die „Zaubermaschine“ dauerhaft läuft, stört sie den Schlaf?
Moin Bruno
Tja, zum Geräuschniveau kann ich noch nicht viel sagen. Die Frage ist ja, wie du schon richtig schreibst, wie stark hört man das Ding in den Kabinen. Und wirken die Luftschläuche vielleicht geräuschdämpfend. Aber das finde ich noch raus und werde hier berichten.
Gruß, Manfred
Und noch eine Anmerkung: wenn die warme, feuchtigkeitsgesättigte Raumluft von möglichst weit oben durch das Winkelrohr nach unten zur im kühlen Fussbodenbereich stehenden „Zaubermaschine“ geführt wird, könnte es bereits im unteren Bereich des Ansaugrohres zu Kondensationseffekten kommen. Bei uns im Haus betreiben wir eine dezentrale Lüftung mit Wärmerückführung. Die Rohre dort sind aus temperaturisolierendem schwarzen Schaumstoff (z.B. Ubbink Aerfoam). Hier wird der Kondensationseffekt verhindert.
Danke für den Hinweis. Der Gedanke ist sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Ich werde das im Auge behalten