Stunde Null

Wir schreiben das Jahr 2011. Genauer: den 7. März 2011. Eine neue Zeitrechnung bricht an, wir sind Geburtszeugen einer neuen Epoche!

Ok … und jetzt zurück auf den Teppich. Bei weniger Endorphin beeinflusster Betrachtung kann man es auch schlichter ausdrücken: Rüm Hart ist seit heute im Bau! (das Ausrufezeichen sei erlaubt) Am Sonntag sind wir nach „Schläfrig-Holzbein“ gefahren, haben einen wunderbaren sonnigen Nachmittag in Neustadt an der Ostsee verbracht, zum ersten Mal in diesem Jahr draußen auf der Café-Terrasse Milchkaffee und Kuchen genossen und uns schon mal die überraschend große Ancora-Marina angeschaut, wo unser Schiff Ende Juli seinem Bestimmungselement übergeben werden soll. Heute, am Montag – eben der 7. März – haben wir die Sirius-Werft besucht und durften unser Schiff sehen. Na ja, sooo viel gab es noch nicht zu sehen. Genau genommen brauchte es sogar viel Vorstellungsvermögen, um das Objekt unserer gierigen Betrachtung irgendeinem Schiff, geschweige denn unserer Rüm Hart zuzuordnen. Aber immerhin kann man jetzt mit Fug und Recht behaupten: Das Werk ist begonnen.

P1050094Begonnen wurde mit dem Deck. Das muss man sich wie einen 9,30 Meter langen und 3,38 Meter breiten Deckel vorstellen, mit dem später der (derzeit noch nicht existente) Rumpf verschlossen wird. Der Deckel ist zunächst flüssig. Zähflüssig, um genau zu sein, sehr weiß und sehr klebrig. Dieses zähflüssige, weiße, klebrige Zeug wird fingerdick in eine Wanne gestrichen, die die Negativform des Decks hat. Stop! Genau an dieser Stelle steht der zukünftige Eigner mit dem Werftbesitzer ergriffen daneben, setzt gedanklich Negativformen in Positivfantasien um und ist der Welt entrückt. Aber nur für einen Augenblick, denn gleich bekommt er erklärt wie’s weitergeht: Das zähflüssige, weiße, klebrige Etwas ist nur die spätere Außenhaut, das Gelcoat. Weil die Negativform ganz besonders glatt und von makelloser Beschaffenheit ist, wird sich das Deck später von ebensolcher Qualität zeigen. Wenn das Zeug trocken ist. Jetzt aber geht es erst weiter mit zusätzlichen Lagen, die nass in nass aufgebracht werden. Nämlich Glasfasermatten und Harz … Glasfasermatten und Harz … Glasfasermatten und Harz … und so weiter und so weiter. Bis ein zentimeterdickes Konstrukt entstanden ist, das nun – durchgehärtet – seiner Form entnommen und umgedreht wird und jetzt endlich glasklar als Rüm Harts Deck zu erkennen ist.

An dieser Stelle ist ein tiefes Durchatmen angebracht. Eine innere Sammlung, um den weiteren Herausforderungen des 7. März gewachsen zu sein. Das Gespräch mit Torsten Schmidt, Inhaber der Sirius-Werft, war wieder einmal … teuer. Noch einmal – und hoffentlich zum letzten Mal – sind wir den kompletten, detailierten Ausstattungsumfang unseres Bootes durchgegangen, haben aus Sparsamkeit gestrichen, aus Vernunft geändert, aus Gier ergänzt, haben uns tapfer gewehrt, seufzend hingegeben und verständnislos kapituliert, als sich zum Beispiel dringend notwendige Schubladen im Salon als aufpreispflichtig herausstellten, die wir bislang und nicht ohne Grund als zur Grundausstattung gehörig wähnten. Die emotionale und hormonelle Achterbahn, die ‚Sirius-Mehrfach-Looping-Todesspirale‘, mit dem Werftchef als Pilot, Schaffner und Conducteur in einer Person, ist sicher noch mal einer gesonderten und abschließenden Betrachtung wert.

P1050091Ein weiterer Höhepunkt des 7. März war aber auch eine fertige Sirius 310 DS, die uns verlockend wie die Loreley die Rheinschiffer (die sich garantiert über das ‚h‘ in ihrer Berufsbezeichnung freuen), die uns also verführerisch vor der Werft-Haustür erwartete. Fast hätte es unsere sein können, mit Pinne, 4 Kojen und in Weiß. Fast! Der Kiel war falsch. Was sich allein schon aus der Singularität ergibt, denn Rüm Hart bekommt bekanntlich zwei Kiele.

Aber sonst …

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… kann man ja schon mal mit Pinne und Pinnenausleger probesteuern …