homeward bound

Vorsicht lieber Leser, es wird lang, und ich habe unglaublich viele Fotos für diesen Beitrag in Auswahl und kann mich nicht entscheiden.

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Es ist die Geschichte der Rüm Hart’schen Heimkehr. Dass sie am Ende fast einer Sturzgeburt gleichkommen soll, ist mir am Freitag Mittag, als Ole in Kiel-Holtenau zusteigt, noch nicht klar. Es beginnt ganz harmlos damit, dass ich mal probehalber die Schleuse des NOK anfunke und frage wie’s aussieht, ob wir vielleicht jetzt noch, oder lieber morgen früh schleusen können/sollen.

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„Man rinn mit euch, gleich nach dem Traditionssegler“ ist die überraschende Antwort. Motor an, Leinen los und 10 Minuten später sind wir in der riesigen Schleusenkammer. 4 Stunden später machen wir in Rendsburg fest.

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Die hoffnungsvolle Überlegung für Samstag ist, vielleicht noch, wenn alles gut und zügig klappt, mit dem letzten ablaufenden Wasser in den Tidenhafen Otterndorf auf der anderen Seite der Elbe einlaufen zu können. Wir geben Gas und lassen die 6 Knoten auf der Logge erscheinen.

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Als Zielzeit für die Schleuse geben wir uns selbst 14:00 Uhr vor. Die Zeit rennt im kalkulierten Gleichtakt mit den Kanalkilometern. Tanken müssen wir in Brunsbüttel auch noch dringend. Anruf bei der Tanke. „Mensch ich hab grad dicht gemacht. Aber ok, meine Frau kommt noch mal hin. Wann seid ihr da?“ Um 13:15 sagt mein Rechenschieber.

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Verdammt, da ist keine Tanke. Die war doch auf der Hinfahrt in der Nähe der Schleusen auf der Nordseite des Kanals. Oder doch nicht? Ist es die Total-Anlage, an der wir schon vorbei sind? Umdrehen, zurück. Nä, da kann kein Sportboot zum Tanken anlegen. Wieder umdrehen. Wenn wir gleich 300 m weiter gefahren wären, hätte ich mir den Entschuldigungs-Riesling für die Tankstellen-Lady sparen können und wir wären in unserem Zeitplan geblieben.

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14:00 Uhr. Weiter, mit Volldampf auf die alte Schleuse zu, vor der schon 3 Sportboote ihre Kringel drehen. Wir drehen mit. Und schauen alle 10 Sekunden zur Uhr. Mist, wir sind zu spät, heute wird das nichts mehr. Kaum gedacht, geht das Tor auf und wir bekommen weißes Licht als Einfahrtsignal. Rein, Tor zu und Wasser in die Kammer.

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Los, Tor auf und raus. Ja denkste, die Schleusenkammer bleibt zu. Eine Viertelstunde. Eine zweite Viertelstunde. Ich rechne meine Wasserstände noch einmal nach. Davon wird’s aber auch nicht besser. Griff zur Funke und eine fast flehentliche Bitte um „Info für die Sportboote in der alten Schleuse“. „In 15 Minuten geht das Tor auf“ kommt es ungerührt aus dem Lautsprecher. Mann!

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Aber der Schleusenmensch hält sein Versprechen. Blitzstart, Vollgas, quer über die Elbe mit über 8 Knoten (SOG). Endlich der Nord-Quadrant vor Otterndorf und davon abzweigend der Prickenweg durch das kurze Elbwatt. 2 Meter auf dem Tiefenmesser. 1,80 m, Tendenz fallend. 1,70 m, stabil. Wir sind drin, haben das Watt hinter uns. Sowas macht man eigentlich nicht. Nicht bei ablaufendem Wassser. Könnte schwer bestraft werden …

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Der Sportboothafen liegt direkt vor uns. Plötzlich nur noch 1,50 m, fallend. Bei 1,40 m haben wir den Steg erreicht. Noch 15 cm Wasser unter den Kielen. Ole springt auf den Ponton, belegt die Leinen, 20 Minuten später steckt Rüm Hart beide Kiele in den Schlick und bewegt sich keinen Zentimeter mehr. Uff! Das war knapp. Zur Strafe für unsere Verrücktheit gibt’s den ersten Nachtfrost.

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Der Rest geht nur in Stichworten, sonst wird’s wirklich zu lang. Tunnel durch den Deich von Otterndorf und direkt in die Schleuse zum Hadelner Kanal. Sehr schön, sehr eng (der Kanal). Bei Bad Bederkesa plötzlicher Geschwindigkeitsverlust und merkwürdige Schleifgeräusche von ganz unten. Schlimmer, sobald es flacher wird (1,60 m), besser, wenn’s tiefer wird. Später hat sich’s erledigt.

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Dann Bremerhaven. Geeste-Schleuse und -Mündung in die Weser. Treffen mit Wibke, die hier „im Schlauchboot“ arbeitet. Sigrid kommt aus Lingen. Toll, dass die beiden uns ein Empfangskomitee sind. Dafür allein haben sich die langen Etappen gelohnt. Siggi lädt uns zum Abendessen ein. Tolles Lichterflair im Lloyds Hafen und Sonnenuntergangs-Stimmung über der Weser.

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Schaffen wir den Rest in 2 Tagesetappen? Ole muss Mittwoch wieder in Düsseldorf sein. Entweder er steigt in Odenburg aus, oder wir ziehen durch.

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Oldenburg fliegt an uns vorbei. Auch die niedrigste Brücke der Reise ist kein Hindernis. Die Schleuse in den Küstenkanal klappt wie geschmiert. Nur die Ausfahrt verzögert sich um 5 Minuten, weil der Bordhund des Frachters vor uns mit Gassi-gehen auf des Schleusenmeisters Wiese leichte Probleme hat. Aber schließlich löst sich alles wie von selbst. Wir schauen gebannt zu.

P1000748 bearb kleinDer Plan: Nachtfahrt auf einem unbeleuchteten Kanal bis Surwold. Die Dämmerungsphase ist schön. später, im Dunkeln,  glitzert das Wasser silbern, man kann sich gut in der Mitte halten. Nur als uns ein Kümo mit grellen Scheinwerfern entgegenkommt, wird’s ein bisschen ungemütlich. Wir stehen im Dunklen und drücken uns vorsichtig an die Seite, die Ole ausleuchtet. Klappt auch.

Einfahrt in Surwold im Licht des Handscheinwerfers. Eng. Aber wir sind drin. Nur an den Steg unserer Wahl kommen wir nicht ganz ran. Rüm Harts Steuerbord-Kiel steckt im Schlamm. Egal jetzt. Leinen rüber, Ole springt und findet sogar einen Stromanschluss.

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Gasherd an, heiße Nudeln mit Rouladen und kühlem Tuborg. Fertig – mit Jack unn Büx. Meine letzte Nacht an Bord beginnt. Morgen Nachmittag holt Sigrid uns aus Papenburg ab.

Wenn wir Glück haben …

PS: die Fotos laufen nicht immer im Gleichtakt zur Geschichte, aber Ihr kriegt das hin, da bin ich sicher. Sie stammen alle aus den letzten dreieinhalb Tagen.

Morgen gibt’s noch einen Nachschlag über die letzte Etappe.

Gute Nacht